Eine – an sich neutrale – ordentliche Kündigung außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes verletzt nur dann das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden und ist damit sittenwidrig im Sinne von § 138 I BGB, wenn dem Verhalten des Kündigenden nach den Gesamtumständen eine besondere Verwerflichkeit innewohnt.
Eine arbeitgeberseitige Kündigung verstößt nur dann gegen § 242 BGB, wenn Sie Treu und Glauben aus Gründen verletzt, die von § 1 KSchG nicht erfasst sind.
Im Rahmen der Generalklauseln der §§ 138, 242 BGB ist der objektive Gehalt der Grundrechte zu berücksichtigen. Der durch die zivilrechtlichen Generalklauseln vermittelte verfassungsrechtliche Schutz ist aber umso schwächer, je stärker die mit der Kleinbetriebsklausel des § 23 I KSchG geschützten Grundrechtspositionen des Arbeitgebers im Einzelfall betroffen sind. Es geht vor allem darum, Arbeitnehmer vor willkürlichen oder sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen zu schützen.
Eine ordentliche Kündigung außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes erfolgt nicht willkürlich, wenn sie auf einem irgendwie einleuchtenden Grund beruht. Ein solcher ist bei einem auf konkreten Umständen beruhenden Vertrauensverlust grundsätzlich auch dann gegeben, wenn die Tatsachen objektiv nicht verifizierbar sind. Zur Vermeidung der Sitten- oder Treuwidrigkeit der Kündigung bedarf es nicht der vorherigen Anhörung des Arbeitnehmers.
Die Wirksamkeit einer Kündigung bestimmt sich im Zeitpunkt ihres Zugangs. Das gilt auch für die Beurteilung ihrer Sittenwidrigkeit. Deshalb wird eine Kündigung nicht rückwirkend allein deshalb nichtig, weil der Arbeitgeber erst im Rechtsstreit den Entschluss fast, sie auch unter Verletzung der prozessualen Wahrheitspflicht aus § 138 I ZPO zu verteidigen (BAG, Urt. v. 05.12.2019 – AZR 107/19).